Schnittstelle Flughafen
Der Winterdienst am Linz Airport: Schneeräumung
Norbert Behring
Der erste Schnee sorgt nicht nur für romantisch verschneite Landschaften und erfreut die Wintersportler, sondern bringt auch eine besondere Herausforderung für das Flughafenpersonal – den Winterdienst. Wenn die Temperaturen sinken und Schneeflocken vom Himmel fallen, müssen die Flughafenbetreiber dafür sorgen, dass der Betrieb so reibungslos wie möglich abläuft und die Passagiere sicher an ihr Ziel gelangen.
Es ist den wenigsten bekannt, dass Flughäfen einer sogenannten Betriebspflicht unterliegen. Somit ist die Betreibergesellschaft verpflichtet den Flughafen innerhalb der offiziell genehmigten Betriebszeiten geöffnet zu halten, auch wenn kein Flugbetrieb herrscht. Innerhalb dieser muss alles unternommen werden, um einen sicheren Flugbetrieb zu gewährleisten. Der genaue Wortlaut in der Verordnung lautet: Die Verfügbarkeit ist bis zu winterlichen Grenzsituationen wie extremen Schneefall oder Blitzeis zu sichern.
Der Winterdienst auf Verkehrsflughäfen besteht aus zwei Teilbereichen. Zum einen ist es das Freihalten der Verkehrsflächen von Schnee und Eis, zum anderen das Enteisen der startbereiten Flugzeuge. Mit der Flugzeugenteisung beschäftigen wir uns im zweiten Teil der Serie.
Es beginnt mit einer guten Vorbereitung
Am Linz Airport wird auf eine hochwertige, gut funktionierende und vor allem sichere Infrastruktur großen Wert gelegt. Allerdings können Schnee und Eis den Flugbetrieb nicht nur beeinträchtigen, sondern auch Gefahren mit sich bringen. Gut geschulte Mitarbeiter, ein gewarteter und einsatzbereiter Fuhrpark, sowie die Verfügbarkeit von speziellen Streumitteln, sei es in fester oder flüssiger Form, sind die Basis, um das Gefahrenpotential zu minimieren und Unfälle zu vermeiden.
Start der Winterdienstsaison bereits im September
Wenn sich gegen Ende des Sommers die letzten Badegäste an den Seen in der Sonne räkeln, beginnt für die Winterdienstmannschaft die Vorbereitung auf die kalte Jahreszeit.
Unsere KFZ-Mechaniker holen die Fahrzeuge nach und nach aus der Sommerpause und machen erste Testfahrten. Im Anschluss unterziehen sie sämtliche Fahrzeuge einer eingehenden Inspektion, damit der Start in den Winterdienst reibungslos verlaufen kann. Ebenso müssen die Tanks und Behälter mit den entsprechenden Streumitteln neu befüllt werden.
Nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch das Gelände des Flughafens wird im Herbst winterfit gemacht. Betriebsstraßen, die nicht direkt ans Vorfeld angrenzen, markieren die Kollegen mit Hilfe von rund 100 Schneestangen. Parallel dazu werden neue Mitarbeiter auf die Fahrzeuge eingeschult und mit den Eigenheiten der Schneeräumung auf einem Flughafen vertraut gemacht. Um im Einsatz die Räumgeschwindigkeit und damit die Räumleistung einhalten zu können, ist eine genaue Kenntnis der Piste bzw. der Rollwege, Abstellflächen, Parkplätze und Zufahrtstrassen sowie deren Bezeichnung notwendig. Aber auch „die alte Hasen“ bekommen eine Auffrischung oder werden über eventuelle Neuerungen in den Verfahrensweisen informiert. Im Rahmen dieser Schulungen wird auch die Funk-Phraseologie mit den Fluglosten im Tower geübt. Um größtmögliche Flexibilität im Einsatz zu haben, sollte jeder Winterdienstmitarbeiter an jedem Gerät einsetzbar sein. Einzige Ausnahme sind die Fräsen und Schleudern, hier dürfen nur besonders geschulte und erfahrene ran. Spezielles Augenmerk gilt auch den Mitarbeitern von Fremdfirmen, die im Hinblick auf die besonderen Gefahren des Flugbetriebes unterwiesen werden müssen.
Wenn es schneit
Dank immer verlässlicheren und genaueren Wetterprognosen hat die Räummannschaft in der Regel genug Zeit sich vorzubereiten. Bei Winterwetter kontrolliert der ADM (der diensthabende Flugbetriebsleiter) regelmäßig den Zustand der Piste. Dieser wird mittels Global Reporting Format bestimmt und per Snowtam weltweit verbreitet. Der ADM misst dabei mit einem Spezialfahrzeug, dem Skidometer, den sogenannten Reibungswert des Belages und veranlasst im Falle des Falles den Einsatz des Winterdienstes gemäß Räumplan.
Dabei hat das Säubern der Start- und Landebahn oberste Priorität. Schneematsch von über 3mm auf der Piste überschreitet bereits den erlaubten Grenzwert für einen sicheren Flugbetrieb. Den Begriff „den Verhältnissen angepasste Geschwindigkeit“, den man aus dem Straßenverkehr kennt, gibt es in der Luftfahrt nicht. Damit ein Flugzeug starten kann, müssen bestimmte physikalische Gesetze und Geschwindigkeiten zum Tragen kommen und diese nehmen keine Rücksicht auf rutschige Verhältnisse. Deshalb ist es unerlässlich, dass die Runway weitestgehend von Eis und Schnee befreit wird.
Nach dem Reinigungsvorgang werden erneut Messwerte eingeholt. Liegt der RCC (Runway Condition Code) unterhalb der Grenzwerte, kann der Betrieb gefahrlos fortgesetzt werden. Die Runway Bedingungen werden per Snowtam den im Anflug befindenden Cockpit-Crews übermittelt, damit diese wissen wie stark sie Radbremsen und Schubumkehr einsetzen dürfen.
Winterdienst-Team im Einsatz
Wie schon beschrieben, kontrolliert der ADM untertags bei Niederschlag in regelmäßigen Abständen den Zustand der Verkehrsflächen.
Wenn Schneefall während der Nacht progonistiziert wird, informiert der ADM vor Dienstende den Nachtdienst über die Wetterprognose. Dieser kontrolliert ab 03:00 Uhr, bzw. bei kritischer Witterung auch schon früher, den Zustand der Verkehrsflächen. Ist eine Räumung erforderlich verständigt er die eingeteilte Winterdienstmannschaft.
Die Schneeräumung erfolgt mittels Spezialfahrzeuge, den sogenannten Kehrblaszügen. Ein solches Gespann besteht aus einem LKW mit einem 5m breiten Räumschild und einem Anhänger (Kehrblasgerät), an dem sich eine rotierende, mit Stahlborsten versehene Walze befindet. Diese Walze löst den festgepressten Schnee vom Boden. Ein am Heck des Anhängers angebrachtes Gebläse sorgt dafür, dass der so gelöste Schnee zur Seite befördert wird. In der Regel fahren vier solcher Gespanne seitlich versetzt hintereinander, so wird er Schnee von einem Fahrzeug zum nächsten geschoben. Speziell bei nassem Schnee werden leistungsstarke Schneeschleudern und Fräsen eingesetzt, die mit einer Wurfweite von bis zu hundert Metern den Schnee endgültig in die angrenzenden Grünflächen befördern. Eine Reinigung der Verkehrsflächen mittels flüssiger oder fester Mittel erfolgt nur bei Vereisung, überfrierender Nässe oder gefrierendem Regen.
Die Räumung der Piste, der Rollwege und einer Parkposition dauert etwa eine Stunde.
Winterdienst in Zahlen
Neben dem gesamten Vorfeld muss auch die Start- und Landebahn regelmäßig geräumt werden. Für den Flughafen Linz bedeutet das, eine Fläche von rund 472.000 m² schnee- und eisfrei zu halten. Das entspricht in etwa einer Fahrspur der B1 von Linz nach Salzburg.
Unsere Winterdienstflotte umfasst mehr als 20 Fahrzeuge:
Die Basis bilden 7 spezielle LKW-Kehrblasgespanne mit 5,6m breiten Schneepflügen. Dazu kommen 2 Schneefräsen, 1 Hochleistungsschneeschleuder, 1 Traktor mit Pflug und Feststoffstreuer, 1 Traktor mit Pflug, Besen und Flüssigstreuer, 2 Kombi-Enteiser (RWY De-Icer), 1 XXL-Flüssigenteiser, 2 Skidometer BV 11, 1 Universal Räum-/Streugerät klein, und 1 Handschneefräse.
Für Notfälle verfügt der Flughafen noch über zwei Reserve-Kehrblasgeräte mit drei Metern Räumbreite. Zusätzlich können noch ein Radlader und mehrere LKW‘s einer externen Firma für den Schneeabtransport angefordert werden.
Umweltaspekt im Fokus
Auch wenn die Sicherheit der Passagiere oberste Priorität hat, darf der Schutz der Umwelt nicht außer Acht gelassen werden. Für die Schneeräumung und das Enteisen der Flugzeuge sind deshalb nur spezielle, und von den Behörden zugelassene, Mittel in Verwendung. Streusalz kommt aufgrund seiner korrosiven Eigenschaften auf Flughäfen generell nicht zum Einsatz. Airports setzen auf umweltfreundliche Alternativen und innovative Technologien, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Grundsätzlich hat die mechanische Schneeräumung mittels Schneepfluges und Kehrblasgerät Priorität. Erst, wenn aufgrund der Verhältnisse, beispielsweise Eisregen, die mechanische Reinigung nicht mehr ausreicht, kommen Streumittel in fester oder flüssiger Form zum Einsatz.
Die auf Flughäfen verwendeten Enteisungsmittel, egal ob fest oder flüssig, müssen im Hinblick auf eine mögliche Umweltgefährdung absolut unbedenklich sein. Nichtsdestotrotz werden die Abwässer in einem Rückhaltebecken gesammelt und von dort über Abwasserkanäle direkt in eine Kläranlage eingeleitet.
Fazit
Der Winterdienst am Linz Airport ist mehr als nur das Entfernen von Schnee und Eis. Es ist eine komplexe logistische Herausforderung, die nur durch das Engagement und die Fachkenntnisse eines gut ausgebildeten Teams bewältigt werden kann. Dank der Kollegen des Winterdienstes am Linz Airport können wir sicherstellen, dass der Flughafen auch im Winter reibungslos funktioniert. Ihr Einsatz ermöglicht es Passagieren, sicher und pünktlich ihre Ziele zu erreichen, und er trägt dazu bei, den Linz Airport zu einem verlässlichen Partner in allen Jahreszeiten zu machen.